Redebeitrag zum March Against Monsanto

Am 20.Mai demonstrierten mehrere Hundert Menschen in Hamburg gegen die Geschäftspolitik des Agrarkonzerns Monsanto. Das US-Unternehmen steht insbesondere aufgrund seiner führenden Rolle im Bereich der gentechnisch veränderten Saatguts und der Produktion umweltschädlicher Herbizide für den Soja- und Maisanbau sowie der aggressiven Lobbyarbeit zugunsten der Agrarindustrie in der Kritik.

Auch Aktive von Tierbefreiung Hamburg beteiligten sich an den Protesten. In einem Redebeitrag gingen wir auf die Verantwortung der deutschen Fleisch-, Tierhaltungs- und Futtermittelindustrie für die verheerenden Auswirkungen des herrschenden Agrarsystems ein und riefen dazu auf, sich aktiv für eine alternative Landwirtschaft einzusetzen, die den Bedürfnissen von Menschen und Tieren und dem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen Rechnung trägt.

 

Redebeitrag von Tierbefreiung Hamburg zum March Against Monsanto am 20. Mai 2017

 

Der Anbau von gentechnisch veränderten Soja ist für Monsanto ein riesiges Geschäft. Der US-Konzern liefert sowohl das Saatgut als auch die Unkrautvernichtungsmittel für die sich weltweit ausbreitenden Sojaplantagen. Durch die gentechnische Veränderung der Sojapflanzen werden diese immun gegen Herbizide wie etwa Glyphosat. Das Besprühen der Felder und der umliegenden Landschaften bewirkt eine Anpassung der sogenannten Unkräuter an die Herbizide. In der Folge werden immer stärkere Giftcocktails eingesetzt und ständig weiter verändertes Saatgut ist notwendig.

Auch wenn die Hauptanbaugebiete von Soja in den USA und Lateinamerika liegen, tragen die deutsche Agrarpolitik sowie die deutschen Konzerne erhebliche Verantwortung für diese Entwicklung, was wir im Folgenden am Beispiel der Fleisch-, Tierhaltungs- und Futtermittelindustrie verdeutlichen werden.

 

Monsanto, Glyphosat, Gensoja und die deutsche Fleisch- und Tierhaltungsindustrie

Der Großteil der weltweit angebauten Sojabohnen landet in den Futtertrögen der Tierhaltungsindustrie. Aufgrund ihres Eiweißgehalts werden sie als Kraftfutter für Tiere genutzt. Nicht nur in den USA und in den Ländern Lateinamerikas, sondern auch in Deutschland, wo die Fleischindustrie ständig wächst und expandiert.

Mehr als ein Drittel des für die deutsche Futtermittelproduktion benötigten Eiweißes muss durch den Import gedeckt werden. Hierfür wird fast ausschließlich Soja aus Lateinamerika eingeführt.

Ununterbrochen bewegen sich die Frachter über den Atlantik, um Sojabohnen in die europäischen Häfen zu verfrachten. Auch in Hamburg verarbeiten Konzerne wie ADM oder Cargill das zu 90 Prozent genveränderte Soja zu Ölen und Sojaschrot. Dieses Sojaschrot findet seinen direkten Weg in die Futtermittelwerke, um letztendlich Rinder, Hühner und Schweine in deutschen Tierfabriken zu mästen.

Firmen wie Monsanto und die deutsche Tierhaltungsindustrie sind somit eng miteinander verknüpft: Einerseits profitieren die deutschen Fleischkonzerne, Tierhalter und Futtermittelproduzenten direkt von den Machenschaften von Konzernen wie Monsanto, insbesondere vom Einsatz gentechnisch veränderter Pflanzen. In Kauf genommen werden dabei gesundheitliche Einschränkungen für Menschen durch den Einsatz des krebserregenden Glyphosats, Umweltzerstörungen für die Ausweitung des Sojaanbaus, die Vertreibung von Kleinbäuer*innen und Indigenen von ihrem Land und nicht zuletzt die Repression gegen Proteste von Landarbeiter*innen, die gegen diese Form industrialisierter Landwirtschaft aufbegehren.

Andererseits kann Monsanto nur durch die garantierte Abnahme des Sojas durch die Unternehmen der Tierindustrie seine Geschäfte aufrechterhalten und erweitern. Damit fördert Monsanto die Zustände in den Mastanlagen und Schlachthöfen und ist mitverantwortlich für das unerträgliche Schicksal von Millionen von Tieren, einzigartige Individuen, die als bloße Ressource in den Tierfabriken leiden und sterben:

Hühner, deren Leben ausschließlich daraus besteht, in kürzester Zeit auf engstem Raum in trostlosen Hallen aufs Schlachtgewicht hochgemästet zu werden, um letztendlich auf deutschen Tellern zu landen. Kühe, die als bloße Milchmaschinen verwendet werden, nachdem ihnen ihre Kälber kurz nach der Geburt entrissen wurden, und aus deren Euter mehrmals täglich die als so gesund und natürlich propagierte Milch gepresst wird. Schweine, die sich aufgrund des extremen Stresses in den riesigen Mastanlagen gegenseitig verletzen, der Befriedigung all ihrer natürlichen Bedürfnisse beraubt, und die das gleiche Schicksal ereilt, wie all die anderen: Zum Zeitpunkt der besten Profitrate ermordet, zerstückelt und verarbeitet zu werden. Rinder, sogenannte Legehennen, Gänse, und so viele Tiere mehr, über deren Leben absolut verfügt wird, nur um als Ware den vorgeblichen Interessen der Menschen zu dienen.

 

Für die Abschaffung der Fleisch- und Tierhaltungsindustrie

Für uns als Tierbefreiungsgruppe können diese Zustände nur eins bedeuten: die komplette Ablehnung der Inwertsetzung und Verdinglichung von Tieren und somit eine vegane Lebensweise.

Appelle wie das Ausweichen auf “Bio”-Produkte oder der Konsum von “weniger Fleisch”, die in der öffentlichen Diskussion bereits angekommen sind, reicht dabei nicht aus und lassen Tiere weiterhin in unsere Köpfen und Regalen als Waren erscheinen, als Nahrung und nicht als das, was sie sind: Individuen mit dem Willen frei von Schmerz zu leben. Notwendig ist stattdessen die Grundlage für ein Verhältnis zwischen Mensch, Tier und Natur zu schaffen, das nicht auf Ausbeutung, Zerstörung und Nutzung für die eigenen Zwecke, sondern auf Rücksicht von Bedürfnissen, Solidarität und Freiheit beruht.

Die Gesellschaft ist längst an einem Stand der Entwicklung angekommen, wo es problemlos möglich ist, sich ohne tierliche Lebensmittel zu ernähren. Die Schlussfolgerung kann daher nur lauten, dass im Interesse von Menschen und Tiere und mit Blick auf unserer natürlichen Lebensgrundlagen notwendig ist, sich vegan zu ernähren und sich für eine Abschaffung der Fleisch- und Tierhaltungsindustrie einzusetzen.

Tatsächlich steigt seit Jahren die Anzahl der vegetarisch und vegan lebenden Menschen in Deutschland, was auf jeden Fall erfreulich ist. Doch die auf Export und Expansion getrimmte deutsche Fleischindustrie steigert die Produktion insbesondere von Hühner- und Schweinefleisch nicht zuletzt mithilfe milliardenschwerer Agrarsubventionen. Hunderte neue Mastanlagen werden gebaut, in denen Tiere, den Nutzenkalkülen der Fleischindustrie entsprechend, in kürzester Zeit gemästet werden. Schlachtfabriken werden erweitert, um die Tiere im Akkord zu töten. Der alleinige Appell zur Änderung individuellen Konsumverhaltens greift also offensichtlich zu kurz.

 

Für eine Alternative zum herrschenden Agrarsystem

In diesem Sinne müssen wir, die für eine soziale und ökologische Landwirtschaft eintreten, unsere Kritik auch explizit gegen die herrschende Form der Lebensmittelproduktion richten und aufzeigen, welche Verantwortung Agrar- und Futtermittelkonzerne sowie die Fleischindustrie für die Klimaveränderungen und die Ausbeutung der Natur haben.

Der stete Konkurrenzkampf und der Zwang zur Erweiterung und Intensivierung der Produktion in der Fleisch- und Agrarindustrie lässt Menschen, die Natur und Tiere hinter Profitinteressen zurücktreten, sie gelten als bloße auszubeutende Ressource.

Statt unsere Kritik also auf einzelne Konzerne zu beschränken oder den moralischen Zeigefinger gegen China oder Indien ob ihres wachsenden Ressourcenverbrauchs zu erheben, heißt es Alternativen allen voran dort zu entwickeln, wo die naturzerstörerische, tierverachtende und neokoloniale Agrarpolitik ihren Ausgang nimmt, nämlich im Globalen Norden und nicht zuletzt auch in Deutschland.

Ein wichtiger Ansatz hier vor Ort ist, dass dort, wo Mastanlagen neu gebaut werden, wo Schlachtfabriken erweitert werden, Widerstand organisiert wird und Fleischkonzerne wie Wiesenhof, Rothkötter oder Tönnies zum Ziel entschlossener Kampagnen werden.

Initiativen wie die Kampagne gegen Tierfabriken in Niedersachsen, Mastanlagen Widerstand in Süddeutschland oder Tierfabriken-Widerstand in Ostdeutschland zeigen, wie in Zusammenarbeit mit lokalen Initiativen und über Einwendungen, Demonstrationen und Aktionen des zivilen Ungehorsams, etwa in Form von Blockaden, Druck auf die Betreiber*innen von Mastanlagen und die Fleischkonzerne aufgebaut wird und das Thema in der Öffentlichkeit größeren Raum bekommen kann.

 

Fusion von Monsanto und Bayer – Profite auch durch Tierversuche

Die bevorstehende Fusion der beiden Konzernriesen Monsanto und Bayer nimmt aus Tierbefreiungsperspektive nochmal eine besondere Rolle ein. Denn nicht nur in der Landwirtschaft und ganz konkret für den Verzehr von Lebensmitteln müssen Tiere in unserer Gesellschaft ihrer Bedürfnisse beraubt herhalten:
Für die Entwicklung der Produkte und Substanzen von Chemiekonzernen wie Bayer müssen zahlreiche Tiere in endlosen Versuchsreihen leiden und sterben. Sie werden mutwillig vergiftet und die Auswirkungen der Gifte immer und immer wieder in verschiedenen Dosen getestet und registriert. Was das für die einzelnen Mäuse, Ratten, Hunde, Wachteln und vielen anderen Tiere bedeutet, kann man sich kaum vorstellen.

Um diesen Tieren eine Stimme zu geben, haben wir erst kürzlich im Rahmen der Kampagne LPT Schließen eine Broschüre herausgegeben, die über die Tierversuche des Hamburger Tierversuchslabors LPT informiert. Denn auch hier vor unserer Haustür werden die Versuche gemacht, mit deren Hilfe Unternehmen wie Bayer ihre Profite absichern. Die Broschüre schildert z.B. wie Wachteln in den Laboren von LPT mit einem Herbizid über mehrerer Wochen vergiftet werden bis sie schließlich ersticken. Oder wie Hunde über ein Jahr lang ein Schneckengift ins Futter gemischt bekommen. Die Hunde leiden über Wochen und Monate an Erbrechen, Krämpfen, können nicht mehr richtig laufen und liegen zitternd auf der Seite.
Bayer und Monsanto gehen also auch in diesem Bereich über Leichen und profitieren von der Ausbeutung und Tötung von Tieren.

 

Gemeinsam kämpfen gegen Tierproduktion und für eine solidarische Landwirtschaft

Mittelfristig muss anstelle privatwirtschaftlicher Konkurrenz eine Produktion treten, die auf der Grundlage tatsächlich demokratischer Entscheidungsprozesse den Bedürfnissen von Menschen und Tieren und dem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen Rechnung trägt.

Die Vergesellschaftung der Landwirtschaft und der Lebensmittelproduktion und nicht zuletzt von Konzernen wie Monsanto und Bayer ist dabei eine Notwendigkeit, um auch im Bereich der Produktion von Lebensmitteln eine Ordnung zu überwinden, in der Eigentumsrechte und die Profitinteressen von Konzernen mehr gelten als soziale und ökologische Gerechtigkeit.

Klar ist aber auch, dass eine alternative und solidarische Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion nicht allein von einzelnen politischen Bewegungen allein erreicht werden können. Um die Agrarwirtschaft nach anderen Prinzipien als bloßer Profitmaximierung auszurichten, braucht es eine Zusammenarbeit verschiedener politischer Bewegungen.
Wir freuen uns daher, dass Aktivistinnen und Aktivisten aus verschiedenen Gruppen und Organisationen sich hier zur Demonstration gegen Monsanto und Bayer versammeln.

Zeigen wir in aller Deutlichkeit, dass wir die herrschende Form der Lebensmittelproduktion ablehnen, dass wir für Alternativen zu einer Mensch, Natur und Tier ausbeutenden Landwirtschaft, Tierhaltung und Fleischindustrie eintreten.


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